Tells Geschoss - August 2021

 

Mit dieser postmodernen Waffe streckt man lautlos neue Vögte nieder.

Nimmt man Friedrich Schiller beim Wort, muss es an diesem legendären Tag im Jahre 1307 tumultartig zugegangen sein, hier, in der hohlen Gasse, wo der Landvogt Gessler vom Pfeil getroffen in die Arme seines Stallmeisters Rudolf der Harras sinkt und seine letzten Worte spricht: „Das ist Tells Geschoss“. Dann erscheint Tell und das Volk realisiert: „Das Land ist frei!“.

Seit diesem Tag hat sich das Schweizer Volk verzehnfacht, pendelt täglich schlapp von A nach B und hat mit Stress, Stau und viel Verkehr neue Vögte erhalten, die uns jährlich kränker machen. Die fünf häufigsten Diagnosen lauten „Schlaganfall“, „Herzinfarkt“, „Bluthochdruck“, psychische Entgleisung“ und „Diabetes“, meist auch wegen mangelnder Bewegung. Und die Vögte kassieren ein. Für die Krankenkassenprämien je nach Kanton jeden fünften Haushaltsfranken. Fürs Autofahren rund zehntausend Franken pro Jahr. Nach über 700 Jahren ist es wieder Zeit für Tells Geschoss.

Graublau und mit giftiggelben Bremsbacken steht es vor mir. Es entspringt einer zwölf Jahre alten Schweizer Bikegeschichte, die fast so legendär ist wie Schillers „Tell“. Die Geschichteschreiber sagen, es sei das beste Speed-Pedelec und liefern dazu ein paar eindrückliche Fakten: 850 Watt Leistung, 48 Nm Drehmoment, bis 45km/h Unterstützung, bis 180 Kilometer Reichweite, stärkster Hinterradmotor mit Sportmodus, Energierückgewinnung, Wegfahrsperre, GPS-Ortung, LED-Scheinwerfer und Pirelli-Reifen, die eigens für dieses Velo entwickelt worden sind.

Sitzt man mal auf dieser hochästhetischen Ausgeburt helvetischer Ingenieurskunst, kontrolliert man zwischen den Schenkeln potente 30 Kilos. Man sitzt gefühlt hoch, aber sportlich und denkt nicht im Traum daran, mit diesem Velo Kurven nachzujagen. Einmal auf der höchsten von vier möglichen Unterstützungsstufen in Gang gesetzt, überwältigt einem das süchtig machende Gefühl, in einem startenden Jet zu sitzen. Subito sucht man die Bahnen dazu. Lange Strassen, die einem schnurgerade von A nach B bringen. Flitzt man darüber, zeigt man innerorts allen anderen Verkehrsteilnehmern putzmunter den Hintern und wird ausserorts kaum eingeholt. Das Fahrverhalten überzeugt, die Bremsen packen kräftig, aber wohldosiert zu und die breiten Reifen sorgen für viel Fahrkomfort. Dabei trainiert man mit breitem Grinsen Beine, Herz und Lunge, was bei der Zielankunft mindestens so befriedigend ist wie das Verlassen eines Fitnesscenters nach intensivem Workout. Bei 45km/h saust und braust es, dass es eine wahre Freude ist, was für ein hellwaches und stolzes Ankommen sorgt, auch weil man beim Bergabwärtsfahren mittels Rekuperation tüchtig Reichweite gewonnen hat. Zuhause lässt sich die Batterie auf Knopfdruck herausnehmen, um sie über Nacht bequem wieder aufzuladen.

Das neue Geschoss von Tell mag auf den ersten Blick teuer sein. Nur, wer es konsequent fährt, gewinnt es lieb und befreit sich vor neuen Vögten. Es ersetzt das Auto, spart jede Menge Geld, schenkt ebenso viel Fahrspass und macht Pilotinnen und Piloten zu kerngesunden Menschen. Das macht glücklich. Möge uns dieses Geschoss mitten ins Herz treffen. Es wäre ganz im Sinne von Tell.
 

E-Bike Stromer ST5
Rahmen Aluminium
Gewicht 30 kg
Reifen Pirelli, Cycle-e for Stromer, 57-584
Schaltung Shimano XT Di2 11 Speed 11-42
Bremsen Stromer HD944 by TRP
Motor Syne Sport, Nabenantrieb, 850 Watt, 48Nm Output, (Akkureichweite bis 180km)
Preis CHF 10’932.—
   

Biketester: Lorenz Schmid, Partner bei in flagranti communication und leidenschaftlicher Velofahrer

 

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