Der Würdenträger – Mai 2019

Wer die Welt erfahren will, bekennt sich zum MTB Papalagi.

Ich kann es nicht leugnen. Dem «Papalagi» begegnet man mit einer gewissen Demut. Seit über fünfunddreissig Jahren wird es weiterentwickelt. Butch Gaudy, der legendäre Gründer der 36-jährigen Berner Velomarke MTB Cycletech, entwarf das Urmodell 1984 und nannte es «Apache Touring». In Anlehnung an den Kultroman des deutschen Malers und Schriftstellers Erich Scheurmann erhielt es später den Namen «Papalagi». Das aus dem Samoanischen stammende Wort bedeutet «Der Fremde, der es immer eilig hat» und ist ein Mahnmal für alle, die in der Eile nichts von ihrer Umgebung mitbekommen. Mit dem «Papalagi» bezweckte Gaudy das Gegenteil. Er wollte Amerika erfahren und fuhr damit von Alaska bis Mexiko.

Mittlerweile hat das vielseitige Alltags- und Tourenrad Tausende von Testkilometern in den Knochen. Die Quintessenz: eine bis ins letzte Detail durchdachte Rahmengeometrie aus unverwüstlichem, erstaunlich leichtem Stahl, gepaart mit starken, schnellen und leichten 26-Zoll-Rädern. Das hört sich einfach an, fühlt sich leicht an und sieht so umwerfend aus, dass die renommierteste Architekturzeitschrift des Landes diesen Design-Klassiker für seine funktionale und formale Nachhaltigkeit mit dem «Goldenen Hasen» ausgezeichnet hat, was noch keine Garantie dafür ist, dass man mit diesem Velo Sprünge macht.

Das «Papalagi» fesselt das Auge mit einer eleganten, schlanken Silhouette. Der nackte, unbehandelte und rostfreie Stahlrahmen ist eine Augenweide. Man will ihn anfassen. Entlang den Rädern schmiegen sich leichte, schwarzlackierte Schutzbleche. Der formschöne, dunkelbraune Brooks-Ledersattel trägt den Namen B17. Er ist legendär. Es gibt Fahrer, die ihn in den Himmel loben, weil sich ihr Hintern nach achtzig Kilometern immer noch so anfühlt, als hätte man keinen Hintern.

An einem kühlen Aprilsonntag entscheide ich mich für eine Spritztour nach Biel. Der Weg führt über Natur- und Asphaltstrassen. Er steigt und fällt und bietet alles, was man mit einem Alltags- und Tourenrad meistern muss. Statt gebückt übers Land zu jagen, gleitet man auf diesem Velo in nahezu aufrechter Haltung würdig von A nach B. Man wird Dingen gewahr, die man sonst nur vorbeifliegen sieht. Diese Erfahrung ist horizonterweiternd und geschieht flüsterleise. Die Reifen, die dieses Velo trägt, federn alles was den Hintern ärgert weg. Mit der 3×10 Schaltung schafft man jede Steigung und findet auch dann Tritt, wenn es mit viel Tempo abwärts geht. Alternativ bieten die findigen MTB-Ingenieure auch eine 2×11-, eine Rohloff- oder eine 11fach-Nabenschaltung an. Sie schärfen damit jene grosse Botschaft, die die über 1.5 Millionen Leserinnen und Leser des «Papalagi» überzeugt hat: «Achte auf das Einfache», womit ich beim Fazit bin.

Wer die Welt einfach erfahren will, bekennt sich zum «Papalagi». Und die Welt bekennt sich zu denen, die einfach dieses Velo fahren. In dieser Ausführung mit Komfortlenker trägt es Menschen mit viel Würde. Ich stelle mir vor, wie Abraham Lincoln auf diesem Velo Amerika erfährt und sine qua non die Nord- und Südstaaten vereinigt. Einfach, hochintelligent und mit unendlich viel Stil.
 

Alltags- und Tourenrad MTB Papalagi 931
Rahmen Reynolds 931 Stahlrahmen
Gewicht 12.1 kg
Reifen Schwalbe Marathon, 40-559 (40 mm breit, 26 Zoll-Rad)
Schaltung Shimano Deore XT, 3×10
Bremsen Scheibenbremsen Shimano Deore
Preis Ab CHF 3‘799.–
   

Biketester: Lorenz Schmid, Partner bei in flagranti communication und leidenschaftlicher Velofahrer

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